Von Nils Klute, IT-Fachredakteur und Projektmanager Kommunikation Cloud Services bei EuroCloud Deutschland_eco e.V.
Neun von zehn Service-Mitarbeitende suchen mindestens eine halbe Stunde am Tag nach Informationen. Informationen, die notwendig sind, um überhaupt arbeiten zu können. Wie digitalisiertes Service-Wissen nicht nur Technik:erinnen das Leben leichter macht, sondern datenbasierte Geschäftsmodelle ermöglicht.
Egal, ob sauber gelocht und abgeheftet oder unleserlich von Hand notiert und aufgeschrieben – der Zustand von Service-Informationen lässt zu wünschen übrig. Techniker:innen wühlen sich durch Papiere und Ausdrucke, durchblättern in die Jahre gekommene Handbücher und wälzen Wartungsdokumente. Die Folgen: Neun von zehn Mitarbeitende suchen mindestens eine halbe Stunde pro Tag nach Informationen. Informationen, die notwendig sind, um überhaupt arbeiten zu können. Wo immer Service-Wissen fehlt, ist das in 95 Prozent der Fälle der Grund, warum sich Reparaturen nicht auf Anhieb erledigen lassen. Reparaturen, für die die Teams dann mehrmals anreisen müssen, wie der Insight-Report Service 2022 festhält. Mit dem Ziel, den konkreten Informationsbedarf von Service-Techniker:innen branchenübergreifend zu beleuchten, hatten mehrere Kundendienstverbände aus der DACH-Region und der technische Dokumentationsspezialist kothes die Servicewelt befragt.
Datenbasierte Wertschöpfung braucht digitalisiertes Service-Wissen
Was dauert und kostet, ist nicht nur ärgerlich, sondern zunehmend ein Schlüsselfaktor für die Industrie 4.0. Denn wo analoge Handbücher, Anleitungen und Papiersammlungen den Service-Alltag bestimmen, wie 44 Prozent der Befragten meinen, bleiben Chancen oft unausgeschöpft. Chancen, die durchgängig digitale Informations- und Datenflüsse voraussetzen. Zum einen eben in der Wartung, um Maschinen über Chatbots, Augmented-Reality-Anwendungen oder Apps effizienter zu reparieren. Zum anderen aber auch in der Wertschöpfung, um über intelligente, datenbasierte Dienste neue Erlösmodelle zu realisieren. Denn mit Anlagen allein lässt sich heute kaum noch Geld verdienen, wie eine aktuelle Studie von BAIN festhält. Die Management- und Strategieberatung hat Trends und Erfolgsfaktoren herausgearbeitet:
- Jede industrielle Hardware wird zum Gebrauchsgegenstand, der zu funktionieren hat.
- Die Wertschöpfung der Zukunft basiert auf Informationen und Software.
- Wer auf digitale Services setzt, verdient langfristig und damit über den einmaligen Anlagenverkauf hinaus.
Know-how digital kultivieren, um Komplettlösungen zu realisieren
Die Expert:innen von BAIN sind sich sicher: Unternehmen, die notwendiges Anlagen- und Service-Know-how digital kultivieren, realisieren ausgereifte Komplettlösungen für ihre Kundschaft. Lösungen, mit denen sich mehr Umsatz und Marge erzielen lassen. Wie das aussehen kann, zeigt Rolls Royce: Egal, ob Düsentriebwerke oder Hubschraubermotoren – statt Antriebe zu verkaufen und Wartungsverträge zu vermarkten, bietet der Hersteller seine Aggregate im Abonnement an. Der After-Market-Service des Herstellers wartet, repariert und tauscht auf Basis von Festpreisen pro Flugstunde. Möglich machen es durchgängig digitale Informationsflüsse – vom Sensor im Internet-of-Things über Daten in der Cloud bis hin zum technischen Service.
Service-Wissen zentral managen und intelligent bereitstellen
Effiziente, digitale und datenbasierte Prozesse – auch der Insight-Report Service 2022 sieht darin einen Kern künftiger Wertschöpfung. Entscheidend sind moderne Plattformen. Nicht nur, um Informationen für Maschinenservices zu verarbeiten – sondern außerdem Service-Know-how zentral zu managen und intelligent bereitzustellen. Nicht anders Service-Meister: Das Projekt entwickelt ein künstlich intelligentes (KI) Ökosystem für den technischen Service im Zeitalter von Industrie 4.0. Über anlagen-, abteilungen-, und firmenübergreifende Serviceplattformen sollen sich Daten so bereitstellen lassen, wie sie digitale Ratgeber, Chatbots, Augmented Reality (AR)-Anwendungen und Apps benötigen. Smarte Assistenten, die Servicekräfte „dank intelligenter Suchfunktion und mithilfe von geführten Entscheidungsbäumen“ direkt zur benötigen Information führen, wie die Autor:innen der Umfrage festhalten.
Meisterwissen digitalisieren und bereitstellen
Warum digitale Service-Daten darüber hinaus unerlässlich sind? Weil sie Effekte des demografischen Wandels abschwächen können. Schließlich schlummert das begehrte Know-how der erfahrensten Kolleg:innen laut Service-Report in ihren persönlichen Notizen. Informationen, die 70 Prozent der Befragten ausschließlich für sich selbst nutzen. „Wenn in den kommenden Jahren mehr und mehr langgediente Mitarbeiter:innen in den Ruhestand gehen, wird auch die Servicebranche den Generationswechsel zu spüren bekommen“, hält der Bericht fest. „Diese Serviceprofis haben sich über Jahre und Jahrzehnte hinweg einen großen Wissensschatz angeeignet, der häufig nur in Form von persönlichen Notizen und Unterlagen existiert.“
KI-Tools schließen Fachkräftelücken
Profi-Know-how digitalisieren, um es für neue, weniger erfahrene Mitarbeitende bereitzustellen, zu bewahren und Fachkräftelücken zu schließen – ein Ziel, das auch für Service-Meister im Fokus steht. So soll virtuelles Meisterwissen in smarte Tools und intelligente Werkzeuge fließen und sich beliebig skalierbar genau dort bereitstellen lassen, wo es Techniker:innen brauchen. Beispiel TRUMPF: Die Laserschneidsysteme des Werkzeugmaschinenherstellers sind rund um den Globus gefragt. Wo immer Anlagen zu reparieren sind, setzt das hohe Expertise voraus. Expertise, die nicht überall in gleicher Qualität verfügbar ist, aber die sich über KI-Tools, Datenanalysen und Algorithmen, wie sie TRUMPF im Konsortium von Service-Meister entwickelt, verfügbar machen lässt.
Bildnachweis: i-Stock-1171902434
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