Mehr Umsatz und Marge mit Maschinenservices im Mittelstand

KI Service - Industrie 4.0

Von Nils Klute, IT-Fachredakteur und Projektmanager Kommunikation Cloud Services bei EuroCloud Deutschland_eco e.V.

Computer, Sensoren und Netze rücken an Maschinen heran. Was datenbasierte As-a-Service-Geschäftsmodelle möglich macht, ist gerade deshalb interessant, weil moderne Anlagen nicht mehr länger nur Produktionsprobleme lösen, sondern Risiken minimieren. Warum Maschinen heute mehr sein müssen als die Summe ihrer Bauteile. Und was das für den Industrie-Service bedeutet.

Egal, ob Pan Am, Atari oder Bell – 1982 setzte Blade Runner auf Marken, die seinerzeit als unvergänglich galten. So wollte Regisseur Ridley Scott seinem Werk einen über Jahre hinweg zeitlosen Look verleihen. Ein Ziel, das ordentlich nach hinten losging: Pan Am flog 1991 in die Pleite. Atari brachte der so genannte Video Game Crash zu Fall. Ein Jahr, nachdem der Film in die Kinos kam, forderte der übersättigte und mit ähnlichen Computerspielen überschwemmte Markt das prominente Opfer. Nicht weniger ungewiss als in der Dystopie sieht nach Meinung der Management- und Strategieberatung Bain heute die Zukunft vieler weltbekannter Marken aus dem Anlagenbau aus. Gerade auch, weil ein überschwemmter und satter Maschinenmarkt die Produkte immer austauschbarer macht. Genauso wie den großen Unternehmen aus dem Science-Fiction-Streifen droht den Konglomeraten der Zerfall. Woran das liegt: In Zeiten, in denen Kund:innen nach individuellen Massenprodukten fragen, ist spezialisiertes Fertigungsequipment erforderlich. Ein Trend, mit dem sich eine Branche schwertut, die es gewohnt war, mit starrer Hardware Geld zu verdienen. Und eine Entwicklung, die fehlende Rohstoffe, stockende Lieferketten und ausfallende Vorleistungen in unsicheren Zeiten der Weltgeschichte zusätzlich forcieren, wie der Bain-Bericht Thinking Outside the Machine festhält.

Dienstleistungen und Services im Maschinenbau: Mehr als die Summe aller Bauteile

Für die Expert:innen steht fest: Mit Maschinen und Anlagen allein lässt sich heute kaum noch Geld verdienen. Mehr und mehr wird Hardware zum Gebrauchsgegenstand, der zu funktionieren hat. Woran sich das beispielsweise im Alltag festmachen lässt: Wer mit einem Lift fährt, der interessiert sich zumeist nicht für die Marke des Herstellers. Was zählt, ist, dass der Fahrstuhl am Ziel ankommt. Eine Tatsache, die Premium-Automobilhersteller schwitzen lässt. Und ein Fakt, der ebenso für das Equipment gilt, das in den Fabriken zum Einsatz kommt, um Karosserien zu schrauben, zu schweißen und zu montieren. Egal, ob Fahrstuhl, Auto oder Fabrikroboter – wollen Hersteller erfolgreich bleiben, muss jedes Produkt heute mehr sein als die Summe seiner austauschbaren Bauteile. Das Strategiepapier hält fest: „Growing competition and slowing device-centric innovation have made it more challenging to maintain profitable growth and to differentiate the business based on machine performance alone.”

Mieten statt kaufen: Maschinen, Anlagen und Services im Mittelstand

Was entscheidend ist: Moderne Wertschöpfung setzt auf Software und Daten. Beides macht Maschinen interoperabel, erweitert sie um spezifische Funktionen und sorgt dafür, dass sich Investitionsgüter längerfristig – also über den einmaligen Erlös hinaus – rechnen. Wie das aussehen kann, zeigt Rolls Royce. Statt Antriebe zu verkaufen und Wartungsverträge zu vermarkten, bietet der Hersteller Flugzeugmotoren und Services im Abonnement an. Der After-Market-Service „Total Care“ wartet, repariert und tauscht auf Basis von Festpreisen pro Flugstunde. „Daten aus Internet-of-Things-Sensoren (IoT) geben Rolls-Royce umfangreiche und tiefgründige Einblicke in die Leistung der eigenen Produkte“, schreibt das Online-Fachportal BigData-Insider. Daten, über die Rolls Royce neue Dienstleistungen für seine Kundschaft entwickelt, um beispielsweise Ersatzteilkosten zu reduzieren, Ausfallzeiten zu verkürzen und Treibstoff zu sparen.

Mit Software und Daten Probleme lösen und Risiken minimieren

Egal, ob Düsentriebwerke für Jets oder Rotorblätter für Hubschrauber – nichts anderes gilt für Produktionsroboter: Investierten ihre Entwickler:innen früher noch den Großteil der Arbeit in die Mechanik, fließt heute immer mehr Zeit in die Software: „The takeaway is that even the most technologically advanced machines aren’t safe from disruption.“ In der Folge rückt IT im Maschinen- und Anlagenbau vor und macht As-a-Service-Geschäftsmodelle zum Kern des Angebots. Datenbasierte Dienste, die gerade deshalb interessant sind, weil sie nicht nur die Probleme der Kundschaft lösen, sondern auch Risiken minimieren. Lässt sich etwa ein Hersteller für Getränkeverpackungen nicht pro Karton, sondern anteilig pro verkaufter Erfrischung bezahlen, dann mag das zwar momentan noch ungewöhnlich klingen, aber schon bald keine Zukunftsmusik mehr sein. „Outcome-based and other advanced service models are expected to grow to 30% of machinery companies’ total services revenue by 2024, triple the share in 2019, according to Bain survey data.”

Industrie-Service 4.0: Neue Technologien machen neues Know-how erforderlich

Ausfallzeiten minimieren, Ersatzteilkosten reduzieren, Equipment mieten und As-a-Service-Dienste abonnieren – was Kundschaft freut, lässt Maschinen- und Anlagenbauer im Industrieservice umdenken. Denn wo Daten, Software und Services ins Geschäftsmodell einziehen, rücken Sensoren, Netze und Computer an die Maschinen heran. Technologien, die neues Know-how und neue Werkzeuge erforderlich machen, um Techniker:innen zu unterstützen. Nicht anders Service-Meister: Das Projekt erprobt, wie sich Wissen digitalisieren und über künstlich intelligente (KI) Tools genau dort bereitstellen lässt, wo es Service-Mitarbeitende benötigen. So arbeiten Trumpf und USU im Konsortium daran, Experten-Know-how rund um den Erdball in gleicher Qualität verfügbar zu machen. Was Reparaturen Schritt für Schritt unterstützt und erleichtert, kann zudem Fachkräftelücken schließen: KI-Werkzeuge von Service-Meister sollen zudem geringer ausgebildete Fachkräfte für komplexe Aufgaben befähigen.

Auch Bain ist sich sicher: Die zukünftig erfolgreichen Anlagenbauer werden nicht nur auf daten- und servicebasierte Geschäftsmodelle setzen, sondern dafür sorgen, dass notwendige technologische Service-Know-how digital zu kultivieren. Schließlich steht für die Berater:innen fest: Wer seiner Kundschaft ausgereifte Komplettlösungen bietet, der erzielt mehr Umsatz und Marge mit Maschinenservices.

Bildnachweis: i-Stock-474413273


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Über Nils Klute
Nils Klute ist IT-Fachredakteur. Egal, ob für IT-Medien wie heise.de, zdnet.de und silicon.de, für IT-Unternehmen wie SAP, T-Systems und Sony oder für B2B-Agenturen wie Palmer Hargreaves, Pleon Kohtes Klewes (heute Ketchum) und rheinfaktor – Nils Klute schreibt und spricht seit mehr als 15 Jahren über die Themen, die die IT- und Digitalwirtschaft bewegen. Von der Datenwirtschaft mit Gaia-X über Künstliche Intelligenz im Mittelstand bis hin zu Cloud-Native-Technologien - als Projektmanager Kommunikation Cloud Services ist er bei EuroCloud Deutschland_eco e.V. für das Content Marketing rund um die Themen des Verbands verantwortlich. Zudem unterstützt er KI-Projekte wie Service-Meister und Initiativen wie EuroCloud Native, Channel2Cloud oder EuroCloud Next Leaders mit Blogbeiträgen, Namensartikeln, Interviews, Pressemitteilungen, Konzepten und Strategien. Beruflich wie privat ist er auf LinkedIn und Twitter unterwegs.